Was hat das neue Futter auf sich hat
Wenn man das Sortiment eines Futtermittelhandels anschaut fällt auf, dass in den letzten Jahren immer mehr getreidefreie Futtermittel auf den Markt gekommen sind. Da bekanntlich das Angebot die Nachfrage regelt, scheinen inzwischen viele Pferdebesitzer auf eine getreidefreie Fütterung umgestiegen zu sein. Dass eine getreidefreie Ernährung für Pferde, die allergisch auf Selbiges reagieren, sinnvoll ist, ist vermutlich klar.
Aber was kann getreidefreies Futter noch und für welche Pferde ist es geeignet, bzw. ungeeignet?
Eingangs müssen wir uns bewusst machen, dass der Stoffwechsel unserer Pferde von Mutter Natur eigentlich dafür konzipiert wurde, 15-16 Stunden täglich mit der Nahrungsbeschaffung und -aufnahme von Gräsern und Kräutern zu verbringen. Kräuter sucht man heutzutage auf unseren Weideflächen leider oft vergebens und das Gras, was unseren Pferden heute zur Verfügung steht, hat durch die Schadstoffbelastung der Umwelt im Hinblick auf Struktur und Nährstoffgehalt an Qualität verloren.
Heutzutage befinden sich unsere Pferde in der mehr oder weniger glücklichen Situation, sich nicht mehr auf Futtersuche begeben zu müssen.
Die Mahlzeiten werden entweder zu festen Tageszeiten in der Box oder auf einem Paddock serviert, was für den Stoffwechsel des Pferdes nicht gesund ist, da dieser darauf ausgelegt ist, kontinuierlich kleine Mengen Futter aufzunehmen.
Pferde sollten nie länger als vier Stunden ohne Futter auskommen müssen!
Die Fütterung muss an den tatsächlichen Bedarf des Pferdes angepasst sein, wobei berücksichtigt werden muss, welche Leistung das Pferd erbringt. Die Vorfahren unseres heutigen Hauspferdes haben täglich neben der fünfzehnstündigen Futtersuche ca. 35 km zurückgelegt. Sie waren zwar meistens im Schritt unterwegs, aber immerhin fortwährend in Bewegung. So verbrauchten sie die Energie, die sie in Form von Stärke aus dem Futter aufgenommen hatten.
Einmal morgens und abends große Mengen von stärkehaltigem Futter zu verschlingen, ist für den Stoffwechsel des Pferdes sehr belastend.
Wird so ein Futtermanagement über längere Zeit beibehalten, während das Pferd die meiste Zeit des Tages in der Box steht, kann es keine Energie verbrauchen, was zu Übergewicht und schweren Stoffwechselerkrankungen wie EMS, PSSM oder Hufrehe führen kann.
Heutzutage müssen Pferde sich nicht auf die Futtersuche begeben

Wissenschaftliche Studien belegen, dass fast die Hälfte unserer Freizeitpferde zu dick sind!
Und hier kommt das getreidefreie Futter ins Spiel:
Für übergewichtige Pferde, oder Pferde, die bereits Stoffwechselerkrankungen haben/hatten, ist eine getreidefreie Fütterung grundsätzlich zu empfehlen. Getreide ist mit seinem hohen Stärkegehalt für sie ungeeignet, oder sogar schädlich.
Ein übergewichtiges, leichtfuttriges Pferd braucht überhaupt kein Kraftfutter!
Einwandfreies Heu, ergänzt um ein hochwertiges Mineralfutter genügt vollkommen. Letzteres ist mittlerweile nötig, um eine ausreichende Vitamin- und Mineralstoffversorgung zu sichern, da sich der Spurenelementgehalt im Heu in den letzten 20 Jahren kontinuierlich verringert hat.
Viele getreidefreie Futtersorten sind vom Hersteller bereits mineralisiert.
Gutes Heu enthält nicht selten bis zu 15 % Gesamtzucker. Stoffwechselkranke Pferde sollten möglichst Heu mit einem Gesamtzuckergehalt unter 10 % erhalten. Heu, bzw. Gras ist als Grundnahrungsmittel für das Funktionieren des Verdauungstraktes obligatorisch und sollte auch nicht drastisch in der Menge reduziert werden.
Der Weg aus der Fettleibigkeit führt trotz getreidefreier Ernährung nicht an einem moderaten Bewegungsprogramm vorbei.
Auch mit der Gabe von zusätzlichen Leckereien wie Äpfel, Bananen oder Karotten sollte man vorsichtig umgehen, wenn die Pfunde purzeln sollen, da sie ebenfalls viel Zucker enthalten.
Pferde mit Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes profitieren ebenfalls von getreidearmer Ernährung, da sie die Verdauung nicht so sehr belastet. Getreide kann unter anderem schmerzhafte Aufgasungen im Darm verursachen.
Getreidefreie Ernährung kann auch angezeigt sein, wenn Getreide von Schimmelpilzen befallen ist
Das passiert recht schnell, wenn der Sommer vor der Ernte verregnet war. Ist man sich unsicher, ob das Futter durch Pilze verunreinigt ist, sollte unbedingt eine hygienische Kontrolluntersuchung (z.B. durch LUFA, die landwirtschaftliche Untersuchungsund Forschungsanstalt, oder eine tierärztliche Hochschule) durchgeführt werden, bevor man es den Vierbeinern serviert.
Schimmelpilze im Pferdefutter können schwere Erkrankungen der Atemwege und natürlich Verdauungsprobleme und Koliken nach sich ziehen.
Das gilt natürlich auch für vergammeltes Heu, bei dem man den Schimmel sogar als Laie sehen und riechen kann. Wenn Pferde nicht extrem ausgehungert sind, fressen sie derart schlechtes Heu auch nicht. Tiere, die aufgrund von EMS kein Sättigungsgefühl mehr haben, sind da leider kompromissloser.
Bitte aber immer auf die Deklaration der Inhaltsstoffe des getreidefreien Futters schauen und nicht z.B. einfach die doppelte Menge des Light-Produkts füttern!
Zum Teil raten einige Hersteller in den Fütterungshinweisen auf der Verpackung sogar dazu. Neben der Mineralisierung spielt auch der Gesamtenergiegehalt eine wichtige Rolle. Kohlenhydrate, Proteine und Fette liefern ebenfalls Energie, die bei Überversorgung nicht umgesetzt werden kann und in den Fettzellen eingelagert wird.
Wenn ein Pferd, das aktiv im Sport in den höheren Leistungsklassen läuft, getreidefrei ernährt werden soll, ist unbedingt darauf zu achten, dass die benötigte Energie anderweitig aufgenommen werden kann, da sonst ein Mangel entsteht, der zu Leistungseinbußen und Abmagerung führt. Wenn keine medizinische Indikation für eine getreidefreie Ernährung nicht gegeben ist, spricht aber nichts dagegen, weiterhin den klassischen Weg der Ernährung zu gehen.
Um durch Getreide begünstigtem Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen vorzubeugen, sollte das im Training stehende, gesunde und nicht übergewichtige Pferd die angegebenen Dosen nicht überschreiten:
- weniger als 2 g Stärke / kg Lebendmasse / Tag
- weniger als 1 g Stärke / kg Lebendmasse / Fütterung
Getreidefreie Fütterung kann sich in einigen Fällen auch positiv auf die Rittigkeit auswirken. Das Sprichwort “den sticht der Hafer” kommt daher, dass Hafer psychotrope Substanzen enthält, die auf das Zentrale Nervensystem einwirken. Pferde macht die überschüssige Energie oft heiß, so dass es zuweilen schon ziemlich anstrengend werden kann im Sattel. Hier schafft eine das Reduzieren oder Weglassen von Getreide im Futter Abhilfe.
"Wissenschaftliche Studien belegen, dass fast die Hälfte unserer Freizeitpferde zu dick sind!"
— Jessika Kähler
Fazit
Getreidefreie Ernährung hat auf jeden Fall viele positive Aspekte und ist bei der Fütterung von Hufrehe-Patienten und Pferde mit Stoffwechselerkrankungen nicht mehr wegzudenken. Der Magen-Darm-Trakt wird weniger belastet, als bei einer herkömmlicher Getreidefütterung.
Eine genaue, auf das jeweilige Pferd abgestimmte, individuelle Bedarfsermittlung unter Berücksichtigung des Trainingspensums, Gewichts und eventuellen Vorerkrankungen hilft, Mängel oder Überschüsse in der Fütterung zu erkennen, bzw.gar nicht erst entstehen zu lassen.
Die meisten namhaften Futtermittelhersteller bieten übrigens auch eine individuelle und persönliche Beratung an, die man bei Unsicherheiten auch in Anspruch nehmen sollte. Tierärzte und Heilpraktiker können aber sicher auch hilfreiche Tipps geben und natürlich entsprechende Untersuchungen durchführen, um den Ist-Zustand der Nährstoffversorgung zu erfassen.
Bei Pferden, die beispielsweise im Muskelaufbautraining für den großen Sport sind, bietet sich aber weiterhin die Fütterung mit Hafer und anderen Getreiden mit hohem Energie- und Kohlenhydrat-Gehalt an. Sie könnten bei getreidefreier Ernährung in eine Mangelversorgung rutschen.
Quellenangaben:
https://www.hoeveler.com/gut-zu-wissen/artikel/getreidefreie-fuetterung-aber-warum.html https://www.st-georg.de/wissen/getreidefreies-pferdefutter/
https://www.dr-susanne-weyrauch.de/aktuell/aktuell-2015/getreidefreie-mueslis https://blog.equisense.com/de/getreidefreies-pferdefutter/
https://www.pferderevue.at/magazin/haltung_fuetterung/2019/kornlos-gluecklich–wiegesund- getreidefrei-fuer-pferde-wirklich.html